Die Sprache und der Krieg und der Krieg um die Sprache
Gendern ist nicht auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau aus, sondern auf die Abschaffung der Kategorie Geschlecht. Dominik Klenk, CEO des Fontis Verlages in Basel, macht zu Kriegsbeginn eine wichtige Entdeckung: Keiner spricht von gendergerechter Teilhabe. Der Philosoph und Publizist schreibt über die deutsche Luxusdebatte.
Der Krieg ist grausam. Für Mitarbeiter in Genderkompetenzzentren derzeit gewiss doppelt. Denn plötzlich existieren in der Berichterstattung nur noch zwei Geschlechter: Männer und Frauen. Die Rekrutierung wehrhafter Bürger im Ernstfall kennt offensichtlich keine Frauenquoten. Die Bilder vom Kriegsgeschehen in der Ukraine zeigen, was greift, wenn die Musen schweigen: Frauen und Kinder werden in Sicherheit gebracht, während die Männer das Land verteidigen. Vom verbalen Spuk gendergerechter Teilhabe am Straßenkampf oder von Quotenplätzen für queere Soldaten ist nichts zu hören. Im grellen Licht der Kriegsgeschehnisse muten die Luxusdebatten, die wir uns in Deutschland leisten, absurd an: Die Bundeswehr ist stolz auf ihre erste «Transgender-Kommandeurin» und feiert den schwangerentauglichen Panzer Puma. Großartig. Fraglich bleibt, ob wir im Verteidigungsfall dem russischen Bären überhaupt drei Tage Widerstand leisten könnten.
Hier aber führen wir den schwelenden Geschlechterkrieg weiter mit den Mitteln der Sprache. Das ist der erklärte politische Wille entscheidender Akteure in Deutschland. Der Duden führte uns vor kurzem in dem Buch «Gender-leicht» vor Augen, wie man dies «elegant» betreibt. Die überwältigende Mehrheit der Deutschen lehnt das Gendern ab – und die Ablehnung wächst von Monat zu Monat. Statt aber den Rückzug anzutreten, rüsten die Akteure nach und mobilisieren top down, um ihre politisch korrekte Agenda durchzudrücken. Der Duden, früher eine sprachliche Autorität, degradiert so zur Lachnummer: zum Erfüllungsgehilfen einer linken Ideologie.
Die gesprochene Sprache prägt das Denken. Ideologien haben schon immer versucht, Sprache zu lenken, Worte zu verbieten, Begriffe neu zu prägen. Das einst von Orwell in seinem dystopischen Roman «1984» beschriebene «Neusprech» ist längst Realität und Teil eines akademischen Diskurses geworden, der nach der Lebensrealität und den Sprachgewohnheiten von Millionen Menschen greift. Wer politisch eine neue Welt – oder wie die Gender-Ideologen es erstreben: einen neuen Menschen will – muss die Sprache umdeuten, Begriffe zerstören und neue schaffen.
Geschlecht soll jenseits biologischer Kategorien nur noch als frei wählbare Selbstbestimmung verstanden werden. Das ist der ideologische Bodensatz der Gender-Sprache. Sie macht etwa aus der Mutter eine «gebärende Person», um das Weibliche vom Mütterlichen zu lösen und auch andere «Geschlechter» zumindest sprachlich zu Müttern zu machen. Im Gegenzug wird uns die Muttersprache entfremdet. Finanziert von öffentlichen Geldern hat der Genderismus in vielen Lebensbereichen den Sprach-Raum erobert: Mit dem breiten Arsenal gendergerechter Umschreibungen dringt es über Gewerkschaften, Betriebsräte, Universitäten bis ins Kirchenlied vor. Die allgemeine Geschlechtsverwirrung wird wortreich durch sinnfreie Formeln übertüncht. Durch den Gender_Gap, also durch Unterstriche oder *Sternchen, werden Signets für Identitäten jenseits des Mann-Frau-Schemas geschaffen. Kryptik ist erwünscht. Hinter dem Deckmantel der Gleichstellung schreitet die Eliminierung der Geschlechter voran. «Sprachverhunzung» nannte Thomas Mann den Kernimpuls brauner Ideologie. Auch im Regenbogenschillern bleibt Ideologie, was sie ist: Gewalt am Sprach- und Denkvollzug. Das Wissen darum ist alt wie die Menschheit: «Wenn Wörter ihre Bedeutung verlieren», sagt Konfuzius, «verlieren die Menschen ihre Freiheit».
Die Argumentation der ungebetenen Sprachreformer speist sich aus der Behauptung, die deutsche Sprache diskriminiere sowohl die Frau als auch die «Vielfalt» der Geschlechter, deswegen müsse man Frau und Diverse sichtbar und hörbar machen. Die deutsche Grammatik wird als patriarchal-dominant «empfunden», insbesondere das generische Maskulinum Plural (Piloten, Ärzte, Bäcker, etc.) steht im Verdacht, die Frau auszugrenzen. Sprache soll nach der «woken» Semantik aber keinen verletzen und immer «inklusiv» sein, also alle und alles einschließen. Nach welchen Regeln sich jeder wiederfinden soll, lassen die Strategen in der Schwebe. Jedes Wort, jede Formulierung kann zur Tretmine im Gelände einer Gleichstellungspolitik werden, deren Richtlinien eine Handvoll Aktivisten kontrolliert und durchsetzt.
Um die natürliche Kategorie Geschlecht grundsätzlich in Frage zu stellen und ihre Repräsentanz qua Sprache zu unterminieren, bedient sich die Genderei diverser Mittel.
Zum Einen begegnet uns der Gendersprech im Alltag als die signalstarke orthografische Verunstaltung von Worten durch Sterne, Striche, Doppelpunkte und sonstige künstliche Einfügungen.
Zum Anderen werden als «stereotyp» oder «sexistisch», gerne auch als «rechts» oder «rassistisch» gebrandmarkte Termini aus dem Sprachgebrauch getilgt. Zum Opfer fallen dem der «Alte Hase» genauso wie das «Mauerblümchen», der «Fachmann» wie die «Milchmädchenrechnung», aber auch ganze «Mannschaften». Aus dem Auge aus dem Sinn!
Schließlich werden nachvollziehbare und eindeutige Bezeichnungen durch neue Begriffe ersetzt, die Faktizität weicht der Wunschwirklichkeit. Statt von «Frau» reden wir von dem «Menschen, der weiblich gelesen wird». Jüngst pasteurisierten die Engländer die «Muttermilch» amtlich zur «Menschenmilch», damit auch Personen ein Kind stillen können, die sich als Väter definieren. Dafür gelten Transfrauen selbst dann als Vollweiber, wenn ihre phallische Anatomie einwandfrei funktioniert und nun als «femininer Penis» zu lesbischen Ehren kommt. Spätestens hier zeigt sich das Ausmaß der Absurdität und der Selbstverstümmelung einer Zivilisation, die ihre Töchter mit Frauen, die biologische Männer sind, in die Sportumkleide schickt.
Immer mehr Bürger fragen sich, ob man das mitmachen muss. Ob man – oder frau – sich den Mund verbieten lassen muss. Ob es rechtens ist, wenn Unternehmen, die ihre Stellenausschreibungen nur an «männlich» oder «weiblich», aber nicht an «divers» richten, sich rechtlich angreifbar machen. Ob man es wirklich hinnehmen muss, wenn nicht nur logisch Falsches, sondern auch bio-logisch Falsches zum Naturgesetz erklärt wird. Die Implementierung eines politisch korrekten Neusprech mündet in Zensur, Verbote und Sprachverkrümmungen, die nicht nur Germanisten und Liebhabern der Sprache den Schlaf rauben, sondern auch dem Bürger sein verbürgtes Recht auf die Freiheit des Gedankens und Redens. Dazu gehört nämlich der souveräne Gebrauch einer im Wandel bewährten und auf dem breiten Konsens aller Sprecher ruhenden Sprache, mit der sich der Mensch seine Welt erschließen und dem Nächsten verständlich machen kann.
Die Rückkehr des Krieges nach Europa ist eine grausame Realität. Eine Realität, die uns wieder vor Augen führt, wie unerlässlich klare, offene, wahre und freie Kommunikation ist. Sprache ist ein kostbares Gut, wenn sie Raum schafft für essenzielle Auseinandersetzung statt für Luxusdebatten, sprich: wenn sie nicht dem Chaos, sondern der Klärung dient. Dann ist Sprache wahrhaftig, krisenfest und kulturtragend.