Hermann Gühring: Ein Reisesehnsüchtiger in über 100 Länder

 


Verlagsleiter Dominik Klenk spricht im Interview mit dem Unternehmer und Abenteurer Hermann Gühring darüber, wie beim Sport die Masken fallen, welches Geheimnis 
in einer unentdeckten Almwiese liegt und was Hermann auf seinen mitunter gefährlichen Reisen erlebt hat.

Dominik Klenk: «Die besten Geschichten meiner verwegenen Reisen in über 100 Länder» heißt der Untertitel des Buchs. Ist dem Hermann Gühring das Reisen eingeboren gewesen seit jeher?

Hermann Gühring: Ich denke nicht, dass es mir gerade in die Wiege gelegt war, aber es gab vielleicht einige Schlüsselerlebnisse. Unter anderem hatte ich eine ältere Schwester, und als sie ins Gymnasium kam, bekam sie einen Atlas geliehen. «Diercke Weltatlas» hieß der damals, und ich habe ihn ihr sofort weggenommen. Das war für mich, obwohl ich noch kaum lesen konnte, das Faszinierendste, was man sich vorstellen kann. Ich habe erst die politischen Karten aufgeschlagen in allen Erdteilen mit den verschiedenen Farben. Ich hab die Hauptstädte aller Länder versucht, auswendig zu lernen. Dann hab ich die geografischen Karten gesehen mit den Gebirgen, die Anden, die Rocky Mountains oder die Gebirge in Hinterindien. Und das hat mich so fasziniert, dass ich damit begann, mir über 1000 Orte zu notieren, mit dem ganz klaren Ziel, überall in meinem Leben mal hinzugehen.

Das heißt, der kleine Junge Hermann Gühring hat diese Orte schon früh notiert und damit ist etwas entstanden: ein inneres Bild von Weite, von Sehnsucht, von Fernweh?

Ganz sicher! Das wurde noch verstärkt, als ich an Weihnachten ein Buch geschenkt bekam, das hieß «Weltreise mit 19 PS» von einem Wolfram Block, der ist mit einem Lloyd 600 in 18 Monaten um die Welt gefahren. Und das hab ich so oft gelesen, dass ich es fast auswendig konnte. Da hieß es dann zum Beispiel «Bali, Insel der Götter – die Straßen schreien zum Himmel, aber die Götter hören es nicht». Solche Begriffe haben mich so tief bewegt, da wollte ich hin.

Das heißt, die Welt hat zunächst literarisch gerufen und diesem Ruf bist du dann gefolgt, bewusst oder unbewusst, hat es dich rausgezogen.

Ich bin in einem Unternehmer-Haushalt groß geworden, typisches schwäbisches Kleinunternehmen. Mein Vater hat mich, weil ich begonnen hatte, Französisch zu lernen, mitgenommen nach Paris zu einer Messe. Er meinte, ich könne französisch, nachdem ich die Sprache nur für drei Monate gelernt hatte. Übrigens eine tolle Erfahrung: Ich hatte einen Satz auswendig gelernt: «Avez-vous en chambre?» («Haben Sie ein Zimmer?»), und die haben mich verstanden. Es war für mich grandios, dass ich verstanden wurde. Ich habe die Antwort zwar nicht verstanden, aber das war egal. Und bereits damals ist es dann passiert, dass man Vater schwer krank wurde. Er musste nach Hause. Ich war alleine in Paris im Alter von 12 Jahren. Dort gibt es einen Nachtzug vom Gare de l'Est. Auf dem Rückweg hielt der in Straßburg. Am frühen Morgen bin ich ausgestiegen und hab das Straßburger Münster umrundet. Das war symptomatisch. Ich habe immer versucht, während meiner beruflichen Reisen etwas dazwischen zu streuen, um die Schönheit der Welt kennenzulernen und zu genießen.

Eine andere wichtige biografische Linie war der Sport. Früh war er präsent. Es gibt eine Menge Sportarten, die du ausprobiert hast. Was war das Besondere, das Verheißungsvolle? Was hat dich da reingezogen?

Zunächst war es so, dass meine Eltern in einer engen pietistischen Gemeinschaft waren, in der der Sport eigentlich zum Bösen gehörte. Deswegen haben mir meine Eltern verboten, in einen Sportverein zu gehen. Die einzige Chance, Sport zu treiben, war in der Schule. Das konnten sie mehr oder weniger nicht verhindern. Ich war dann in der Schulmannschaft im Handball. Weil wir ins Endspiel der Schülermannschaften kamen, durften wir das Vorspiel machen vom Europapokal Endspiel. Dort sah ich einen tschechischen Torhüter, der als Erster nicht klassisch herum gehechtet ist, sondern alles mit Händen und Füßen abgewehrt hat ...

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