Die vielen Facetten der Resilienz. 5 Bücher im Test.
Die Resilienz ist seit einiger Zeit in aller Munde, steht sie doch für eine Fähigkeit, mit der wir uns wünschen, ausreichend ausgestattet zu sein. Was man genau darunter versteht und welche Bücher es zum Thema gibt, zeigt dir Jessica Wollbach.
Resilienz steht für Anpassungsfähigkeit, Stressmanagement, Optimismus, Lösungsorientierung, dem Verlassen der Opferrolle und noch so viel mehr. Und sie ist enorm wichtig für unser unvorhersehbares Leben, denn die Resilienz gilt nicht umsonst als «Immunsystem der Seele».
Das klingt fast zu gut, um wahr zu sein: Mit den eigenen Problemen leichter fertig werden? Keine Angst vor der Zukunft haben? Besser mit den Widrigkeiten des Lebens klarkommen? Ja, bitte! Und wie soll das gehen? Die gute Nachricht ist, dass die Resilienz einem Muskel ähnelt; wir können sie also trainieren und sie wächst stetig, wenn sie gefordert und gefördert wird.
Im weiteren Verlauf dieses Artikels möchte ich einige Bücher zum Thema Resilienz vorstellen, die alle ihren eigenen Schwerpunkt haben und dieses heiß diskutierte und oft nicht ganz greifbare Thema mitten hinein in unser Leben bringen.
Immer besser scheitern – Priska Lachmann
Mit einem Blick auf die Sozialen Medien scheint es fast wie ausgestorben: das Scheitern. Es ist nirgendwo zu sehen, und auch wenn man sich bemüht und danach sucht, lässt es sich nur schwer zwischen den Zeilen finden. Wie schnell haben wir heute das Gefühl, die einzigen zu sein, bei denen etwas schiefläuft? Die einen zweiten oder dritten Anlauf im Leben brauchen, die Fehlentscheidungen treffen und manchmal einfach nicht das Richtige tun?
Genau dieses Gefühl, diese Farce, führt zur Isolation, denn wir sehen unsere Fehler in einer Art Vakuum – die Last unseres Scheiterns wiegt schwerer und wir schreiben uns selbst die Opferrolle zu.
Priska Lachmann macht in ihrem Buch Schluss damit. Sie spricht ganz offen und ehrlich über Dinge, die wir alle kennen und über Wahrheiten, die wir alle öfter hören müssen:
- Jeder scheitert (ja, wirklich jeder!)
- Wir können auch einen zweiten oder dritten Anlauf im Leben nehmen
- Wir müssen uns für unser Scheitern nicht schämen
- Unser Versagen ist oft unser bester Lehrer und
- Gott ist keineswegs erschüttert, wenn wir Fehler machen
Lachmann zeigt uns, wie natürlich Scheitern eigentlich ist und nimmt dem Ganzen die Schwere und Scham. Und sie wendet ihren Blick zu Gott: Er begleitet uns durch die Widrigkeiten im Leben und zeigt uns immer wieder, dass er uns liebt und dass wir wertvoll sind, egal, was bei uns schiefgelaufen ist.
Lachmann schreibt humorvoll aus ihrem eigenen Leben und schenkt uns in ihrem Buch eine neue Sicht auf das Thema Resilienz, indem sie dem Leid und den schweren Lebensthemen ihre Wucht nimmt und uns aufzeigt, dass Scheitern erlaubt ist und keineswegs beschämend sein muss.
StehaufMensch! – Samuel Koch
Was tun wir, wenn wir nichts mehr tun können? Wenn das Leben uns mit voller Wucht übermannt? Samuel Koch, der seit schwerem Unfall vom Hals abwärts gelähmt ist, kennt dieses Gefühl – und gerade deshalb kann er so treffend, humorvoll und einfühlsam über das Thema Resilienz und Optimismus sprechen, wie kaum ein anderer. Er hat es alles schon erlebt:
- die wunderbaren Höhen und die zerschmetternden Tiefen,
- die beflügelnde Hoffnung und das elende Leid,
- die wohlgemeinten Worte und die traurige Stille,
- den Sumpf der Verzweiflung und den übernatürlichen Trost
All diese Dinge sind wie vorprogrammiert, sie begegnen uns bei großen und kleinen Krisen immer wieder und werden uns hier und da durchs Leben begleiten. Und genau deshalb widmet sich Koch der Frage, wie wir trotz allem innerlich stark, also resilient, werden können.
Zusammen mit dem Hirnforscher Gerald Hüther geht Koch der inneren Stärke des Menschen auf die Spur und zeigt (teils durch sehr gelungene Illustrationen), wie es möglich sein kann, unser Leben mit einem dickeren Fell und einem Lächeln auf dem Gesicht zu meistern. Dabei spricht er offensichtliche Themen wie Stressmanagement und Opfermentalität an, geht aber auch auf Dinge ein, die auf den ersten Blick wenig mit Resilienz zu tun haben. Das sind unter anderem Vergebung, Dankbarkeit, Besinnung und Nächstenliebe – und die Liebe Gottes, die uns dazu befähigt. Ein gelungenes Buch, das aus erster Hand zeigt, was mit Gottes Hilfe und dem richtigen Fokus möglich ist – trotz allem!
Du bist da in meinem Schmerz – Roland Hardmeier
«Du bist da in meinem Schmerz» ist eigentlich nicht nur ein Buch – es vereint viele Bücher in einer wunderbaren Symphonie miteinander und ist ein absolutes Meisterwerk, wenn es um die Frage geht, die sich die Menschheit seit jeher stellt: «Wieso gibt es Leid?» Hardmeier beleuchtet dieses schwierige Thema von verschiedenen Seiten:
- Was sagen die Weltreligionen zum Thema Leid?
- Wie sieht Gott mein Leid?
- Hat mein Leid einen Zweck?
- Wie kann ich mein Leben trotz Leid in aller Fülle leben?
Der Autor kombiniert verständliche und trotzdem detailliert ausgearbeitete Theorie und Theologie mit seiner eigenen Lebensgeschichte und dem Blick darüber hinaus. Denn wenn man das jahrelange Leid von Hardmeier vor Augen hat, sieht man, wie durch jede Buchseite auch seine eigene Erfahrung und seine Empathie sickert. Der Autor weiß, wovon er spricht, verurteilt nicht und geht ganz nüchtern und realistisch mit der menschlichen Frage nach dem Sinn im Leid um, denn auch er hat diese Frage schon viele Male an Gott gestellt. Ich kann mich dem Klappentext nur anschließen und sagen: Roland Hardmeier ist mit diesem Werk in die Fußstapfen von C.S. Lewis getreten – und das in der Sprache des 21. Jahrhunderts.
Was lange gärt, wird endlich Mut – Christina Ott, Valerie Lill
Eine ganz neue Art der literarischen Auseinandersetzung mit dem Thema Resilienz und innerer Stärke wird uns in «Was lange gärt, wird endlich Mut» von Christina Ott und Valerie Lill eröffnet. Die zwei Freundinnen – eine psychologische Beraterin und eine Sängerin und Dichterin – haben in ihrem Buch nämlich ihren Briefverkehr abgedruckt und lassen uns teilhaben an den wichtigsten Themen ihres Lebens:
- Ihre Vergangenheit, insbesondere ihre Kindheit
- Ihre Gegenwart und wovon diese beeinflusst wird
- Ihre Lebenskrisen und ihr individueller Umgang mit Leid
- Und natürlich ihre erfrischende und liebevolle Freundschaft miteinander
Die Freundschaft von Ott und Lill steht in diesem Buch im Vordergrund und scheint immer zwischen den Zeilen hindurch, dabei könnten sie unterschiedlicher kaum sein.
Es gelingt ihnen die perfekte Kombination aus Leichtem und Schwerem, Theorie und Praxis, der mentalen und dichterischen Auseinandersetzung mit Lebensthemen, die uns alle schon einmal beschäftigt haben. Dabei hat man beim Lesen das Gefühl, die dritte «Freundin» zu sein, wird man selbst auch immer wieder zur Reflexion über die eigenen Erfahrungen und Erlebnisse aufgefordert.
Das Gespräch von Ott und Lill fließt auf natürlichem Wege über die eigene Kindheit hin zu dem oft präsenten Thema, wie man Altes hinter sich lassen und Neues wirklich frei und unbelastet greifen und genießen kann. Ein außergewöhnlicher Ansatz und eine außergewöhnliche Freundschaft, die uns ein Gefühl von Empathie und Hoffnung vermittelt und Gottes wunderbare Wege ganz praxiserprobt nahebringt.
Du machst meine Seele stark – John Eldredge
Die meisten Menschen werden hoffen, dass sie in ihrem Leben nie oder nur wenig von Krisen betroffen sein werden – doch spätestens seit der Covid-Pandemie ist neu ins Bewusstsein gerückt, dass die nächste globale Krise und ihre Auswirkungen jeden unvorhersehbar treffen können.
In vielen Resilienz-Ratgebern sprechen die Autorinnen und Autoren das Thema eher allgemein an und zeigen, wie eine gute Krisenbewältigung in allen Lebenslagen hilfreich sein kann. John Eldredge geht in «Du machst meine Seele stark» jedoch vor allem auf die Covid-Pandemie, die Zeit währenddessen und die Zeit danach ein.
Aufmerksam und empathisch spricht Eldredge über die Folgen dieser globalen Krise und dass wir uns momentan in einer Art Zwischenphase befinden – die mentale Bewältigung der Pandemie hat uns eine Menge Resilienz gekostet und teilweise steht uns die Aufarbeitung noch bevor.
Begleitet von Geschichten von Abenteurern aus der ganzen Welt, die Ausnahmesituationen entweder durch stark ausgeprägte Resilienz überwunden oder aufgrund von mangelnder Resilienz an ihnen zerbrochen sind, macht der Autor deutlich, dass in uns allen die «Kraft zum Überwinden» schlummert. Er zeigt uns auf,
- wie stark die Pandemie an unseren Reserven gezehrt hat,
- wie wir uns gegen diese Krise (und zukünftige Krisen) mental wappnen können,
- wie wir unsere Reserven aufladen und
- wie uns unsere besonders angegriffenen und verwundeten Ecken unseres Herzens näher zu dem bringen, der uns heilen kann.
Es ist auch eine Art Selbstexperiment, die Pandemie Revue passieren zu lassen und sich erneut mit dieser globalen Krise, der Angst, Wut und Hoffnungslosigkeit, die die Menschen jahrelang gespürt haben, auseinanderzusetzen. Was wie ein erneutes, unerwünschtes Durchleben dieser kräftezehrenden Zeit klingt, wird durch die Weisheiten, die John Eldredge in diesem Buch weitergibt, ein heilender und hoffnungsstiftender Prozess.
FAZIT
Resilienz hat viele Facetten, das machen alle 5 Bücher auf jeden Fall deutlich. Und was unmöglich klingt, wird durch die teils sehr persönlichen Geschichten und Erlebnisse der Autorinnen und Autoren greifbar und zum Leben erweckt. Denn die gute Nachricht ist: Leichtigkeit, Optimismus und innerer Frieden sind keine Gefühle, die nur außerhalb der Krise bestehen – sie können uns mitten durch die Krise tragen.
Ob man mit seinen eigenen Fehlern zu kämpfen hat, einen herben Schicksalsschlag erleidet, in der Vergangenheit gefangen oder Schmerzen und Hoffnungslosigkeit ausgeliefert ist: Diese ehrlichen und ermutigenden Bücher zeigen uns, wie die Resilienz in jeden Lebensbereich spricht und wie unser Schöpfer uns auch durch die härtesten Zeiten trägt – und darüber hinaus.