- Hans-Dieter Frauer
Die so entstandene "schwäbische Insel Württemberg" wurde im 30-jährigen Krieg völlig zerstört. Das Land verlor fast zwei Drittel seiner Einwohner: lebten bei Kriegsbeginn im Jahre 1618 etwa 450.000 Menschen im Herzogtum. So waren es bei Kriegsende noch etwa 100.000. Zahlreiche Orte sind buchstäblich leer gestorben.
Nachdem endlich Frieden war, wollten geistliche und weltliche Obrigkeit "die schwäbische Insel Württemberg" wieder schaffen und die Menschen zum Christentum erziehen. So wurde die Aufsicht über die Pfarrer verschärft und die Schulpflicht für Jungen und Mädchen eingeführt. Mit einer Vielzahl von Vorschriften wurde das Alltagsleben bis ins Einzelne gegängelt, die örtlichen Kirchenkonvente überwachten das Leben. Alles, was irgendwie auffiel, wurde abgerügt: das Fernbleiben vom Gottesdienst ebenso wie Tanzen, Sonntagsentheiligung, Wirtshausbesuch, Streit in Familie oder Nachbarschaft. Die rund 250 Jahre währende intensive Überwachung hat den württembergisch-schwäbischen Volkscharakter hervorgebracht: man schafft, man gönnt sich nichts, man fällt nicht auf. So entstand ungewollt das berüchtigte "Lutherisch Spanien" mit sinnentleerten Ritualen.
Hans-Dieter Frauer (Jahrgang 1943) lebt als freier Publizist in Herrenberg. Er hat mehrere Bücher zur Geschichte Württembergs und seiner Kirche verfasst und hält Vorträge dazu.
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